Ungewissheit
Ungewissheit ist kein Stück Stoff des Flickwerks, das wir „Leben“ nennen.
Ungewissheit ist das, was die Flicken zusammenhält, immer neue hinzufügt oder alte heraustrennt.
Die Schere, die schneidet und die Nadel, die näht.
Wenn wir den Teppich betrachten, dann wissen wir, dass Ungewissheit am Werk war, auch wenn wir sie nicht sehen können.
Und wie alles, was wir nicht sehen können, macht sie uns eine Riesenangst. Und diese Angst wollen wir nicht fühlen.
Ungewissheit ist das, was die Flicken zusammenhält
Wir alle haben Strategien entwickelt um diese Angst nicht fühlen zu müssen.
Entweder wir versuchen der Ungewissheit die Stirn zu bieten. Wir planen akribisch, haben drei To-Do-Listen gleichzeitig und schließen Versicherungen ab. Wir versuchen Gewissheit zu schaffen, wo es keine gibt.
Oder wir vermeiden die Ungewissheit mit aller Kraft und Coolness. Da wir eh nichts in der Hand haben, brauchen wir es auch gar nicht erst probieren. Indem wir nicht versuchen etwas entstehen zu lassen, müssen wir auch nicht um den Verlust des Entstandenen bangen. Obwohl es nicht so offensichtlich ist, auch hier versuchen wir Gewissheit zu schaffen, auch das ist eine Form von Kontrolle.
Planungszwang vs. Vermeidung
Wenn wir uns überlegen, wie wir der Ungewissheit zu entgehen versuchen bedeutet das, uns selbst zu hinterfragen. Es bedeutet ehrlich und mutig zu sein, eigene Ängste zu enthüllen und unangenehme Erkenntnisse zuzulassen.
Je mehr wir uns unseren Ängsten vor der Ungewissheit stellen, desto näher kommen wir der Ungewissheit selbst. Desto mehr können wir sie als das sehen, was sie ist: eine schaffende, unbändigbare Kraft. Wir können sie weder bezwingen noch vor ihr davonlaufen.
Ungewissheit: eine schaffende, unbändigbare Kraft
Selbst die eine Gewissheit, die wir haben, der Tod, ist durchzogen von den ungewissen Fragen „Wann?“ und „Wie?“. Und ist der Tod wirklich ein letzter Schnitt, oder ist er ein Flicken, den wir uns nicht vorstellen können?
Der Tod - Ungewissheit in der Gewissheit
Die andere Gewissheit, die wir haben ist der jetzige Moment.
Wir können uns niemals absolut sicher sein, was im nächsten Moment geschehen wird.
Aber wir wissen immer mit vollkommener Sicherheit, was in genau diesem Augenblick geschieht.
In genau diesem Atemzug, genau diesem Gefühl.
Die einzige Gewissheit ist der jetzige Moment
Letztendlich lebt unser Vertrauen von der Ungewissheit. Denn nur wenn wir nicht wissen was kommt, können wir uns bewusst entscheiden zu vertrauen.
Nur wenn der Ausgang einer Situation unvorhersehbar ist und Risiken birgt, lernen wir loszulassen.
Wir lernen uns unsere fehlende Kontrolle einzugestehen.
Ohne Ungewissheit kein Vertrauen
Wir können im Hier und Jetzt die Stoffe für unseren Flickenteppich auswählen, Prioritäten setzen, Wünsche äußern. Aber letztendlich geht es darum in eine Zukunft zu vertrauen, die von der Ungewissheit geschneidert wird.
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